Ich kenne Jochen Kalka seit 1992. Was uns verbindet? Der erste gemeinsame Arbeitstag (im wunderschön gelegenen Neuperlach – beim Fachmagazin w&v, dass damals noch wöchentlich und in deutlich größerem Umfang erschien), eine gemeinsame Kollegin (Jessica – beste Grüße auf diesem Weg), der deutsche Mediapreis und der Hang zu starken Headlines. Deshalb hat es mich auch nicht gewundert, dass Jochen, im Hauptberuf seit über zwei Jahrzehnten Chefredakteur der w&v, sein neuestes Werk als Buchautor mit „Die StartUp-Lüge“ betitelt hat (Gewundert hat mich eher, dass Chefredakteure nebenher noch Bücher schreiben können). „Wie die Existenzgründungseuphorie missbraucht wird – und wer davon profitiert“, verspricht das Cover. Ein spannendes Thema, mit maximalem Trommelwirbel eingeleitet und Anlass genug, mit dem Autor zu sprechen: 

Dr. Jochen Kalka, Chefredakteur w&v und Autor der „Startup-Lüge“ – Foto: Stefan König

Lieber Jochen, wenn der Chefredakteur eines Marketing-Magazins ein kritisches Buch mit dem Titel „Die StartUp-Lüge“ schreibt, klingt das, als würden die Werber schwer daran knabbern, dass Startups derzeit irgendwie cooler sind. Oder?
Jochen Kalka: Lieber Christian, das Buch habe ich als Privatmensch geschrieben, natürlich mit scharfem Auge, Salz und Pfeffer. Und, merkwürdig, aber mir sind die Parallelen zwischen Werbern der Mad-Men-Ära und den heutigen Startups beim Schreiben nicht aufgefallen. Irgendwie hast du recht, Werber sind ganz vorne mit dabei, wenn es darum geht, sich so cool zu geben, als wären sie selbst ein Startup. Das nagt sicher an des Werbers Seele, so er eine hat.
Wir hoffen mal, dass er sie noch nicht verkauft hat. Aber erklär mir doch bitte zum Start, wo genau Startups so lügen, dass es sich lohnt, darüber ein Buch zu verfassen.
Jochen Kalka: Hast du gehört, wie tief ich gerade Luft geholt habe? Also, ganz kurz in Schlagzeilen: Wenn Gründer beim Businessplan mit goldgeilen Augen vor allem über ihre Exit-Strategie philosophieren, lügen sie sich in die eigene Tasche und in die ihrer Investoren. Wenn Gründer nicht einmal Zielgruppen definieren, keine Märkte analysieren, keinen USP fabulieren, dann beginnt das große Wettlügen. Dass Mitarbeiter ausgebeutet werden, Frauen noch mieser behandelt werden als in biederen alten Firmen, macht die Sache nicht besser. Ja, und dann kommen die altehrwürdigen Konzerne daher, deren Chefs plötzlich ein hierarchiefreies Du zelebrieren, sich die Krawatten vom Leibe reißen und Sneakers anziehen, dann in ihrem frisch eingerichteten Kreativzimmer ein Selfie posten und sagen: Startup, c´est moi! Lüge, Lüge, Lüge!
Ok, das waren jetzt eine ganze Menge Headlines, fast ein bißchen Lügenpresse 😉 Lass uns mal mit dem ersten Vorwurf anfangen: Ich dachte immer, Investoren und Business Angels sind so abgezockt und versiert im Gründergrillen, dass da kein Möchtegern-Exit-Experte Kohle bekommt, dessen Businessidee mit zugehörigem Plan sich nicht sinnvoll anhört?
Jochen Kalka: Das habe ich auch gedacht. Als ich im Silicon Valley mal einen Investor gesprochen habe, nach welchen Kriterien er seine Investments selektieren würde, sagte er ziemlich wörtlich: Mir ist die Geschäftsidee völlig schnuppe. Ich schaue den Gründern nur in die Augen. Wenn die strahlen, investiere ich. Ach ja, erwähnte ich schon, dass nur elf Prozent der Investoren weiblich sind?
Gegenfrage: Gibt’s den Investor noch? Leidenschaft und Begeisterung sind ja unentbehrlich für Gründer, aber leider kein Garant für Erfolg. Und kommst Du nicht ein bißchen früh mit der Gender-Keule? Woran machst Du denn fest, dass Frauen in Startups „noch mieser behandelt werden als in biederen alten Firmen“?
Jochen Kalka: Mit der Gender-Keule kann man nie zu früh kommen. Und, klar gibt es den Investor noch. So wie es auch tolle Startups und sensationell kreative Gründerinnen und Gründer gibt. Zurück zu den Frauen. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass es in Startups auch ein Gender Pay Gap gibt. Europaweit liegt es bei 16 Prozent, in Deutschland bei 22 und in Berlin gar bei 25 Prozent. Auch dass Alltagssexismus in Startups noch dramatischer ausgeprägt ist, als etwa bei der Bundeswehr. Jede dritte Frau erfährt in Startups unerwünschte Berührungen, um nur ein Beispiel zu nennen.
Liegt das an den langen Arbeitszeiten, den vielen Kickertischen oder an den etwa 85 Prozent Männern, die Startups gründen? Dann würde ich aber gerne wieder zu Deiner Kernthese zurückkommen 😉
Jochen Kalka: In Startups herrscht zuweilen eine Stimmung wie auf einem Abenteuerspielplatz. Das kann durchaus positiv sein, doch manche interpretieren das als grenzenlose Narrenfreiheit und verlieren dabei den Respekt eines Gegenüber. Ok, dann lass uns wieder zu den Lügen kommen, darin bin ich inzwischen Profi ;-).

Das hinterfrage ich an dieser Stelle mal lieber nicht. Aber ganz ernsthaft: Ist es nicht völlig normal, dass in der Gründungsphase von Unternehmen härter geklotzt werden muss als später? Oder meinst Du, dass Firmen ein Startup-Flair bewusst kultivieren, um die damit verbundene Mehrarbeit oder schlechtere Entlohnung ansprechender zu verpacken? Und weit über 90 Prozent der Startups scheitern. Man arbeitet doch nicht dort, weil man gerne scheitert?
Jochen Kalka: Dass härter geklotzt wird, ist völlig in Ordnung. Solange man nicht bewusst im großen Stil lügt, wie etwa das Startup Theranos, das mit einem Wunderstift Bluttests versprach und 9 Milliarden Dollar verbrannte. Andere Firmen kultivieren, wie du sagst, Startup-Flair bewusst, um mehr junge Menschen anlocken zu können. Zum einen ist das sicher keine dumme Employer-Branding-Maßnahme, zum anderen muss ein Siemens-Startup weniger Lohn zahlen, als es Siemens selbst täte. Kicker und Palettenmöbel sparen am Ende Knete. Und, ja, das Scheitern. Solange man mit einer Idee in einem Konzern scheitert, so what. Aber wenn man als Gründerin oder Gründer scheitert, eigenes Geld verliert, ausgebrannt ist, keine Kreditkarte und keinen Handyvertrag mehr bekommt, weil einen die Schufa nicht mehr mag, dann leidet die Psyche, die eigene Beziehung, dann ist das ein persönliches Drama. Ich habe solch ein Beispiel aus Berlin gefunden. Von wegen: Wir feiern das Scheitern in Fuckup-Nights.
Apropos Fuckup: Heißt das, Startups sind auch nur Unternehmen? Und was, wenn junge Menschen die „Lüge“ durchschauen und Startups nicht mehr cool finden? Rettest Du dann als Ü50er den Wirtschaftsstandort? Oder können wir uns darauf einigen, dass Pauschalurteile generell eher schwierig sind, aber Bücher mit provokantem Titel sich besser verkaufen?
Jochen Kalka: Startups sind definitiv auch nur Unternehmen. Im Prinzip gründete doch auch Werner Siemens ein Startup. Oder Carl Benz. Oder der Bäcker an der Ecke. Und jetzt merkst Du schon einen entscheidenden Unterschied der persönlich überzeugten Gründer im Gegensatz zu Startup-Pinocchios: Siemens, Benz und auch dein Bäcker stehen mit ihrem eigenen Namen hinter ihrer Geschäftsidee. Nenne mir ein Startup, wo das auch der Fall ist. Und so wird die Lüge auch von jungen Menschen mehr und mehr durchschaut. Dazu gibt es ein geniales Buch von der Französin Mathilde Ramadier, die von ihrer persönlichen Ausbeutungstour in diversen Berliner Startups berichtet.
Vielleicht tragen ja Startups dazu bei, dass auch in anderen Unternehmen moderner gedacht wird. Dass Frauen endlich gleichberechtigt sind, in jeder Hinsicht, dass Berufsanfänger nicht mehr ausgebeutet werden, dass Raum für neue Ideen entstehen darf, dass auch mal in schräge Innovationen investiert wird. Dann retten Startups jeden Wirtschaftsstandort. Aber leider gibt es in der Herde der Startups noch zu viele schwarze Schafe. Pauschal darf hier definitiv nicht verurteilt werden, da hast du recht. Am liebsten würde ich kein einziges Buch verkaufen, wenn es diesen Missbrauch von der Startup-Idee nicht geben würde.
Danke Dir, Jochen, für unser Mail-Ping-Pong. Jetzt bin ich allerdings ratlos, was ich Dir wünschen soll. Das Buch jedenfalls gibt es im Buchhandel (erschienen im Econ-Verlag) oder bei einem großen, in Seattle beheimateten Online-Kaufhaus. Für Leser dieses Beitrags, die einen Kommentar mit einer vernünftigen Mailadresse unter diesem Artikel hinterlassen, hat uns der Autor freundlicherweise drei Gratisexemplare spendiert. Wir verlosen sie unter allen Teilnehmenden.     

Mensch liest Comic
Heute mal kein „Asterix und Obelix“ – sondern Big Data.

Liebe Leser unseres cocodibu-Blogs, könnt ihr das Wort DSGVO noch hören? Wir nicht. Deshalb werde ich – obwohl das in diesem Fall sehr naheliegt – nicht mit der Datenschutzgrundverordnung einsteigen. Wir alle haben sie gefürchtet, auf den großen Wirbelsturm aus Abmahnungen gewartet, uns am „Geteiltes Leid ist halbes Leid“-Lagefeuer gewärmt und uns Geschichten erzählt, wie schön das Leben vor dem 25. Mai 2018 war. Wir haben die Thematik also gründlich durchgekaut.
Aus User-Sicht wird jedoch eines immer wichtiger: eine höhere Sensibilität im Umgang mit den eigenen Daten. Alles rund um dieses Thema beschreibt der Comic „Big Data – Das Ende der Privatheit?“  (erschienen 2017 bei Jacoby & Stuart) sehr anschaulich. Hinter der Geschichte steckt Michael Keller, als Journalist ein alter Hase bei den Themen Technologie und Privatheit, für die entsprechende visuelle Aufarbeitung sorgte Josh Neufeld, Zeichner und Comic-Profi. Im Comic begeben sich die beiden auf eine Reise durch die Gegenwart – aber vor allem auch die Zukunft. Welche Daten geben wir heute schon ganz leichtfertig ab und sind wir uns dessen bewusst? Welche Daten werden wir in ein paar Jahren bereits preisgeben und wie einfach wird es sein, uns dazu zu bewegen? Die Antworten lauten: sehr viele, nein, noch viel mehr und noch viel einfacher. So zumindest, der Eindruck der beim Lesen entsteht.
Man will doch nur dazugehören
Natürlich muss man fairerweise sagen, dass der Comic hauptsächlich ein Spiegelbild der amerikanischen Gesellschaft ist – dort nimmt der Datenhandel noch viel größere Ausmaße an – vor allem, weil es in den USA eben nicht wirklich gesetzliche Einschränkungen gibt. Da die meisten amerikanischen Player – siehe Google, Facebook und Co. – aber den europäischen Markt schon längst okkupiert haben, ist es umso wichtiger, aufzuzeigen, wohin das führen kann. Ob uns dann weitere Gesetze schützen können bleibt fraglich, schließlich geben wir alle unsere Daten viel zu leichtfertig und gerne her, wenn wir etwas dafür bekommen. Ein gutes Beispiel dafür ist Facebook: Datenskandale hin oder her, mit ungefähr 26 Millionen Usern ist immer noch rund jeder vierte Deutsche Facebook-Mitglied. Dafür haben Keller und Neufeld eine ganz einfache Erklärung: Wir wollen dazugehören. Je mehr Freunde auf der Plattform unterwegs sind, desto niedriger auch die Motivation sich abzumelden. Wir sind eben keine Einzelgänger.
Letzte Rettung Daten-Börse?
Vor allem zeigt der Comic unsere eigene Zerrissenheit, wenn es um das Thema Daten geht. Dass wir uns nicht gläsern machen sollten, wissen wir alle. Dass im Bekannten- und Freundeskreis beinahe wöchentlich Profile kopiert und für dubiose Zwecke eingesetzt werden auch. Dennoch nehmen Amerikaner beispielsweise in Kauf, dass Autoversicherungen über ein halbes Jahr hinweg ihren Fahrstil checken, wenn sie dann entsprechend eine billigere Versicherungspolice bekommen. Aber wer sagt uns, dass dieses Tauschgeschäft überhaupt fair ist? Die logische Konsequenz müsste eigentlich sein, dass wir bald an einer Datenbörse handeln. Du möchtest mein Zahnputzverhalten wissen? Kein Problem, diese Information wird derzeit für 10 USD gehandelt.
Man merkt, der Comic „Big Data – Das Ende der Privatheit?“ bringt zum Nachdenken. Seit dem Lesen habe ich aber sicher schon wieder die ein oder anderen Nutzungsbedingungen einfach heruntergescrollt und abgehakt. So ist das eben. Viel Spaß beim Lesen!

 

"Der Content-Faktor" von Steven Broschart und Rainer Monschein
Zum Oster-Wochenende gibt es „leichte Kost“: „Der Content-Faktor“ von Steven Broschart und Rainer Monschein

Man muss nicht gleich eine Revolution ausrufen, um ein Buch über Content Marketing zu schreiben. Man kann sich auch mehr als zwei Jahrzehnte mit den Themen SEO und Hirnforschung beschäftigen und dann seine Gedanken zu Papier bringen. Steven Broschart und Rainer Monschein haben den zweiten, zweifelsfrei unspektakuläreren Weg gewählt. Herausgekommen ist der Wälzer „Der Content-Faktor“ – ein 540 Seiten starker Oschi, der über SEO und die kognitive Verarbeitung von Inhalten hin zur Content-Erstellung leitet.
Und wahrscheinlich ist genau das eine der wesentlichen Stärken des Buches: die Interdisziplinarität. Denn mal ehrlich: Wo gibt’s die denn? So predigen wir Agenturen unseren Auftraggebern zwar gebetsmühlenartig, endlich die alten Abteilungs-Silos abzureißen, sind allerdings allzu oft selbst in diesen gefangen. Content-Marketing-Firmen kaufen Content-Marketing-Firmen, SEO-Experten schreiben für die SEO-Szene und KI-Tüftler – na gut, die müssen wir erst mal richtig kennenlernen. Oder wie die beiden Autoren im Vorwort schreiben: „Niemand kann alles wissen. Deshalb wird auch im Online Marketing das Wissen zumeist in Silos gemanagt. So existieren Disziplinen wie beispielsweise die Conversion-Optimierung und das Suchmaschinenmarketing ebenso parallel wie in der Medizin der Internist und der Chirurg – also ohne, dass das Wissen ausreichend ‚quer verlinkt‘ wird und neue Erkenntnisse, neue Lösungen abgeleitet werden können“. Genau hier setzt „Der Content-Faktor“ an. Man könnte auch sagen: warum erst jetzt?
Den  – angesichts der Opulenz dieses Fachbuches durchaus vorhandenen – ersten Lesewiderstand zu überwinden, lohnt durchaus:  Zum einen, weil die Autoren mit ihrer verständlichen Sprache es auch SEO-Amateuren leicht machen, dran zu bleiben, und so vergleichsweise mühelos auf den neuesten Stand in Sachen Google-Rankingfaktoren zu kommen – und darüber hinaus noch geballtes Wissen aus Psychologie, Neurologie  und Soziologie mitnehmen. Zum anderen weil die zwei Experten anhand zahlreicher Beispiele – angefangen vom Wahlkampf des SPD-Kandidaten Peer Steinbrück bis zur originellen ebay-Anzeige als Beispiel für Storytelling – immer wieder den Brückenschlag in die Praxis schaffen.
Ihren Ursprung in der SEO-Szene können Steven Broschart und Rainer Monschein dabei kaum verhehlen: das Buch ist so analytisch-logisch aufgebaut, dass man sich bei der Abhandlung der eher kreativen Disziplinen wie Themenfindung und -aufbereitung unweigerlich fragt: Kann das gutgehen? Lässt sich Content tatsächlich herleiten? Die beiden Autoren meinen: grundsätzlich  ja und empfehlen hier die aus den Hollywood-Filmen bekannte Methode: einleitende Beschreibung, Konflikt, Lösung. Funktioniert selbst bei Knorr-Rezepten, wie die beiden eindrucksvoll belegen. Und so sehr die Autoren einen Verkaufserfolg mit „Der Content-Faktor“ angesichts der wirklich professionellen Aufbereitung verdient hätten, man wünscht sich, dass möglichst viele Leser zumindest das eine Kapitel schnell überblättern. Denn man mag sich gar nicht vorstellen, was passiert, wenn nun alle Tütensuppenfirmen, Büroklammerhersteller und Schnürsenkelproduzenten in Blockbustermanier auf ihren Websites einen Konflikt heraufbeschwören, der dann mit Filmkuss endet. Statt Happyend droht dann wahrscheinlich eher das Schicksal der Titanic: ein geradezu kollektiver Untergang in der Content-Flut. Wer will schon die immer gleiche – nur um Nuancen veränderte – Geschichte lesen? Das ist dann ähnlich den inflationär eingesetzten Listicles. Und da gibt es ja schließlich mindestens „Sieben Gründe, warum wir keine Listicles mehr lesen können“.
 
 
 

Was steckt dahinter, wenn ausgewiesene Digitalos und PR-Experten auf einmal Printmagazine publizieren? Clutch, ein Projekt der Hamburger Agentur Frau Wenk, erschien im September 2016 zur dmexco und positionierte sich als Gesellschaftsmagazin für die digitale Welt. Natürlich ein Content Marketing-Tool, um bestehenden oder künftigen Kunden der Agentur gedruckten Raum zu verschaffen, aber auch mit übergreifenden und liebevoll in Szene gesetzten Nicht-Kunden-Themen. Michael Wegener, Leiter Content Center ARD aktuell, urteilte etwas hart über die Premierenausgabe: „Clutch ist nett zum Durchblättern, aber für die eher kritische Medienszene etwas zu glatt und zu allgemein.“ Chapeau Clutch, dass diese kritische Einschätzung auch genau so auf der Webseite steht. Ob es 2017 eine zweite Clutch-Ausgabe gibt, ist online leider nicht ersichtlich.
Titel New D
Seit Dezember 2016 gibt es nun auch NEW D, ein Magazin für digitalen Wandel, das in einer Auflage von 1.000 Exemplaren an einen handverlesenen Verteiler verschickt wird. Herausgegeben wird es von Christian Clawien, im Hauptberuf Director Digital Strategy bei fischerappelt in Hamburg. Ein Magazin inkl. Blog, das komplett auf Interviews setzt. In der Erstausgabe gibt es lesenswerte Gespräche beispielsweise mit  NDR-Journalistin Anja Reschke („das Netz ist eine große Selbstbeschäftigungsmaschine“), Netz-Nerd Dennis Horn („Facebook ist eine Kommunikationsfirma, aber die kommunizieren nicht“), Lernforscher Lennart Schalk („Weder Google noch das Smartphone an sich machen uns dumm, sondern die Art und Weise, wie wir diese Angebote nutzen“)  oder Brand-Eins-Mitgründer Wolf Lotter („Big Data und Arbeit 4.0 verkaufen alten Wein in neuen Schläuchen“). Wir haben Christian Clawien ein paar Fragen zu NEW-D gestellt:
Was ist NEW-D? Ein privates Projekt von Christian Clawien, ein Content Marketing-Projekt von fischerAppelt oder ganz etwas anderes?
Christian Clawien: Ersteres. Mir fehlten in der Debatte über die Digitalisierung die Stimmen von Menschen, die täglich davon betroffen sind. Lokale Akteure aus der Wirtschaft oder auch Wissenschaftler aus Bereichen, welche nicht direkt mit der Digitalisierung zu tun haben. Privatpersonen, die durch Digitalisierung neue Möglichkeiten entdeckt haben.
Du setzt auf Interviews bzw. Gespräche als zentrales Format. Warum? Und warum hast Du Dich für Print entschieden und als Digitaler nicht „nur“ eine Webseite gemacht?  
Christian Clawien: Es gibt ja beides: http://new-d.de/ als Blog und als gedrucktes Magazin. Ich bin davon überzeugt, dass wir uns in der heutigen Zeit viel mehr aufeinander einlassen müssen, einander zuhören. Wenn ich jemanden interviewe ist das mehr ein Austausch, jemanden einfach erzählen lassen. Das finde ich spannend und es kommen Sachen dabei heraus, die man sonst nicht liest. Sie sind nachdenklicher und vielleicht auch reflektierter als das hysterische Filterblasen-Geschrei. Und zu lange Stücke liest man bei mir auch lieber gedruckt statt online, dass zeigt auch das Tracking.
Wie sieht Dein Geschäftsmodell hinter NEW-D aus? Im Printmagazin hast du einen Artikel als „Sponsored Content“ gekennzeichnet, online habe ich keine Banner o.ä. entdeckt.
Christian Clawien: Ich habe kein Geschäftsmodell. Ich mache das aus Spaß an der Sache und gucke wie es sich entwickelt. Das Blog bleibt ohne Werbung. Aufwand versus Ertrag lohnt sich nicht, da ich momentan noch eine Nische abdecke und in einem spitzen Influencer-Umfeld unterwegs bin. Im gedruckten Magazin verkaufe ich Anzeigen und Sponsored Content, damit ich Druck und Vertrieb finanzieren kann.
Dann erst mal viel Spaß. Wird es eine zweite gedruckte Ausgabe geben? Und welche drei Menschen würden Dich als nächste Gesprächspartner für Blog oder Magazin interessieren?
Christian Clawien: Ja, ich plane für Ende Juni Ausgabe Nummer 2. Ich habe schon etliche Namen auf der Liste, aber wer interessante Gesprächspartner vorschlagen möchte oder das nächste Heft unterstützen will, kann sich gerne bei mir melden: http://new-d.de/kontakt/ Als nächste Interviewpartner interessieren mich ein Taxifahrer, ein Betreiber eines Internetcafés und Giovanni di Lorenzo. Und natürlich freue ich mich über neue Leser auf Facebook, Twitter oder im Blog.

Foto: NewD
New-D-Herausgeber Christian Clawien – Foto: NewD

Dann wünschen wir Dir viel Erfolg und gutes Gelingen!

Mit PLAN W, dem neuen Supplement der Süddeutschen Zeitung, gibt es seit letzten Samstag ein neues Magazin für karrierebewusste Frauen. Mit einer Auflage von 460.000 Exemplaren erscheint dieses künftig viermal im Jahr. Das Magazin soll Frauen im Berufsleben ansprechen, die sich weiterentwickeln möchten und Führungspositionen in der Wirtschaft anstreben – passender könnte der dazugehörige Claim des Supplements nicht sein:  „Frauen verändern Wirtschaft“.

PLAN W
Intelligente und schöne Cover-Idee: Die Premierenausgabe des SZ-Wirtschafts-Supplements für Frauen.

Klingt alles sehr vielversprechend, aber meiner Meinung nach, trifft nicht jeder Text den Zahn der Zeit. Wie sich Frau im Büro angemessen und trotzdem modisch kleiden sollte, ist bekannt. Dass Frauen in Ländern wie Frankreich und Italien den femininen, eleganten Business-Look besser beherrschen als wir, auch. Die Diskussion in Deutschland, Frauen in hochrangigen Positionen und in der Öffentlichkeit sollten nicht zu viel Bein zeigen, ist daher auch eher ein leidiges Thema. Hingegen sind die Portraits und Erfolgsgeschichten wirklich spannend. Gerade für junge Frauen, die eine hochrangige Karriere anstreben, sind die Artikel sehr interessant und ermutigend geschrieben. Sie geben Einblicke wie der Weg nach ganz oben auch von Frauen gemeistert werden kann.
So berichten unter anderem erfolgreiche Frauen aus Politik und Wirtschaft im Magazin, wie sie es mit Mut, Stärke und harter Arbeit geschafft haben. Ob Startup-Gründerin, Politikerin oder Führungskraft – PLAN W lässt die unterschiedlichsten Frauen zu Wort kommen.
In der ersten Ausgabe des Magazins erzählt Julia Bösch, Gründerin von Outfittery, einem Onlineshop für Männer mit persönlicher Stilberatung, wie ihr das Auslandsstudium im weltoffenen Amerika zur Unternehmensgründung verhalf. Auch die politischen Spitzenämter im US-Bundesstaat New Hampshire werden genauer betrachtet: hier sitzen fast nur Frauen.  Der kleine Bundesstaat nimmt als einer der konservativsten Staaten eine Vorreiterrolle in der feministischen Revolution ein. Dabei wird anregend erzählt, wie Frauen in Spitzenpositionen Machtkämpfen mit männlichen Kollegen trotzen, den Blick nach vorne richten und weiter am Erfolg arbeiten. Nebst einem Portrait über die mächtigste Frau Deutschlands – Angela Merkel – werden auch Styling-und Networking-Tipps für ein erfolgreiches Auftreten von Experten gegeben.
Fazit: Ein Magazin, das in der langwierigen Debatte um Frauen in Führungspositionen, keine neuen Argumente bringt oder Vorurteile beseitigt, aber spannende Geschichten erzählt. Ich werde PLAN W auch zukünftig weiterlesen!

Im letzten Blogbeitrag von vergangener Woche haben wir das Buch „Die Content Revolution“ von Doris Eichmeier und Klaus Eck besprochen und empfohlen. Da uns der Haufe-Verlag netterweise mit einem zweiten Rezensionsexemplar bestückt hat, wollen wir das an unsere Community weitergeben. Einfach bis 14. Januar 12 Uhr einen Kommentar unter diesem Blogbeitrag hinterlassen. Wir ziehen dann den/die Gewinner/in – ohne Gewähr, ohne Rechte und ohne Rechtsanwalt. Und wir schenken uns auch die Gewinnspielfrage von „Buch sucht Leser“: Wer verfasste das Buch die Content Revolution? A) Klaus Eck B) Klaus Gerade. Sie brauchen keine SMS schreiben, wir kennen die Lösung. Viel Glück.

IMG_0010Mein persönliches Fazit vorneweg: Wer relativ neu an das Thema Content-Marketing herangeht, findet im Buch „Die Content-Revolution im Unternehmen“ (erschienen bei Haufe) eine hilfreiche Einführung mit vielen nützlichen grundsätzlichen Erläuterungen. Und einen gut erklärten Prozess, wie sich Unternehmen dem Thema Schritt für Schritt nähern.  Wer schon im Unternehmen in irgendeiner Art und Weise Content Marketing betreibt, für den ist das Buch eine gute Benchmark und hilfreiche Stütze, was Prozesse und die grundsätzliche Herangehensweise betrifft. Für den langjährigen Content-Praktiker aber enthält es zu wenig Praxisbeispiele, wie Unternehmen ganz konkret und erfolgreich Content-Strategien implementiert haben. Das ist aber nicht nur ein Manko dieses Buches. Generell gibt es derzeit nur sehr wenige öffentliche Best Cases von Firmen zum Thema Content Marketing.
So, und wenn Sie jetzt nach dem Abstract noch Lust haben, das Ganze von vorne und systematisch: Ich persönlich kenne und schätze Doris Eichmeier und Klaus Eck, die Autoren des Buches, seit Jahren. Wir haben vor langen Jahren mal in derselben Redaktion gearbeitet (w&v) und sind uns später immer wieder beruflich über den Weg gelaufen u.a. im Social Media Club München. Beim Thema Content eint uns die Einschätzung, das Unternehmen künftig sehr viel stärker auf Inhalte setzen müssen, um sinn- und wirkungsvoll mit den Menschen/Zielgruppen/Stakeholdern kommunizieren zu können. Beim Begriff „Content“ scheiden sich dann die Geister, obwohl ich mich inzwischen an das Buzzword als Oberbegriff gewöhnt habe. Und noch mehr trennen sich die Wege, wenn es dann in die praktische Umsetzung geht. Den Berater-Ratschlag der Autoren, relevanten, qualitativ guten Content zu produzieren, der auf die Werte der Marke einzahlt, kann JEDER IMMER unterschreiben. Nur diese Texte, Bilder, Filme, Infografiken etc. dann auch zu produzieren, das ist die eigentliche Kunst guter Content Maker.
Bis Unternehmen soweit sind, empfehlen die Autoren folgende Schritte, um sich dem Thema Content-Strategie und Content-Marketing zu nähern:
– Ist-Soll Analyse aus verschiedenen Perspektiven durchführen (aus Sicht der Stakeholder, der Marke und des Unternehmens)
– bisherige Prozesse bei der Content-Produktion im Unternehmen analysieren
– Content-Strategie entwickeln
– Strukturen und Prozesse für Content Marketing im Unternehmen auf- oder umbauen
– Gremien (Content-Strategie-Taskforce) und Produktionseinheiten (Content-Redaktion) bilden oder umstrukturieren
– Messkriterien (KPIs) festlegen, um den Erfolg der Maßnahmen überprüfen zu können
– Budget für Content Marketing planen
– interne Verantwortlichkeiten regeln plus evtl. Hinzuziehen externer Dienstleister
– und dann erst geht es los mit Content-Produktion, Content Curation und Content Distribution
Was genau die Stichworte dieser Aufzählung umfassen und welche Fragen man sich in diesem Zusammenhang stellen sollte, erläutern detailliert und gut erklärt die einzelnen Kapitel des Buches. Darin finden sich auch absolut praxistaugliche Checklisten, mit denen man z.B. ein Content-Audit angehen kann oder eine Content-Scorecard erstellen kann. Da haben die Autoren wertvolle Basisarbeit geleistet. Schon allein deshalb lohnt sich die Lektüre des Buches.
Wie man aber guten und erfolgreichen Content für Stakeholder, Marke und Unternehmen in der Praxis erstellt, das erklären die Autoren ja vielleicht im nächsten Buch.
Fazit: Kauftipp für das Buch. Und: Nur gute Content Maker verhelfen Content-Strategen und Content-Marketern zum Erfolg.   
P.S.: Der Haufe-Verlag hat uns das Rezensionsexemplar kostenfrei zur Verfügung gestellt.

Dave-Eggers-Der-Circle-Cover1Warum schreibt man über ein Buch, das einen enttäuscht hat? Weil es trotzdem (oder deswegen) zum Start auf Platz eins der dieswöchigen Spiegel-Bestsellerliste (Belletristik) gelandet ist! Denn das Ranking (ja, ich glaube gelegentlich noch an Rankings) sagt einiges darüber aus, welches Verhältnis wir als Gesellschaft zu den Themen Internet/Überwachung/Datenschutz haben. Das PR-Trommmelfeuer zur deutschen Übersetzung des Buches scheint gegriffen zu haben. Mit „Der Circle“ des amerikanischen Autors Dave Eggers (erschienen bei Kiepenheuer & Witsch)  kommt endlich ein Roman, der uns zeigt, wie Amazon, Facebook, Google, Twitter & Co. (als Stellvertreter im Buch die fiktive Firma Circle) uns alle überwachen und das Geld aus der Tasche ziehen. Von NSA & Co. haben wir das ja eh schon alles gelesen. Wir sind eine hilflose Masse von Konsumenten, die von Algorithmen und ihren Programmierern aus dem Silicon Valley ferngesteuert werden. „Der Circle“ bedient sehr geschickt diese Bedrohungssituation, die wir als Gesellschaft wohl fühlen, mit der wir aber anscheinend nicht umzugehen wissen.
Die komplette Rezension lesen Sie bei LEAD Digital.