Ich kenne Jochen Kalka seit 1992. Was uns verbindet? Der erste gemeinsame Arbeitstag (im wunderschön gelegenen Neuperlach – beim Fachmagazin w&v, dass damals noch wöchentlich und in deutlich größerem Umfang erschien), eine gemeinsame Kollegin (Jessica – beste Grüße auf diesem Weg), der deutsche Mediapreis und der Hang zu starken Headlines. Deshalb hat es mich auch nicht gewundert, dass Jochen, im Hauptberuf seit über zwei Jahrzehnten Chefredakteur der w&v, sein neuestes Werk als Buchautor mit „Die StartUp-Lüge“ betitelt hat (Gewundert hat mich eher, dass Chefredakteure nebenher noch Bücher schreiben können). „Wie die Existenzgründungseuphorie missbraucht wird – und wer davon profitiert“, verspricht das Cover. Ein spannendes Thema, mit maximalem Trommelwirbel eingeleitet und Anlass genug, mit dem Autor zu sprechen: 

Dr. Jochen Kalka, Chefredakteur w&v und Autor der „Startup-Lüge“ – Foto: Stefan König

Lieber Jochen, wenn der Chefredakteur eines Marketing-Magazins ein kritisches Buch mit dem Titel „Die StartUp-Lüge“ schreibt, klingt das, als würden die Werber schwer daran knabbern, dass Startups derzeit irgendwie cooler sind. Oder?
Jochen Kalka: Lieber Christian, das Buch habe ich als Privatmensch geschrieben, natürlich mit scharfem Auge, Salz und Pfeffer. Und, merkwürdig, aber mir sind die Parallelen zwischen Werbern der Mad-Men-Ära und den heutigen Startups beim Schreiben nicht aufgefallen. Irgendwie hast du recht, Werber sind ganz vorne mit dabei, wenn es darum geht, sich so cool zu geben, als wären sie selbst ein Startup. Das nagt sicher an des Werbers Seele, so er eine hat.
Wir hoffen mal, dass er sie noch nicht verkauft hat. Aber erklär mir doch bitte zum Start, wo genau Startups so lügen, dass es sich lohnt, darüber ein Buch zu verfassen.
Jochen Kalka: Hast du gehört, wie tief ich gerade Luft geholt habe? Also, ganz kurz in Schlagzeilen: Wenn Gründer beim Businessplan mit goldgeilen Augen vor allem über ihre Exit-Strategie philosophieren, lügen sie sich in die eigene Tasche und in die ihrer Investoren. Wenn Gründer nicht einmal Zielgruppen definieren, keine Märkte analysieren, keinen USP fabulieren, dann beginnt das große Wettlügen. Dass Mitarbeiter ausgebeutet werden, Frauen noch mieser behandelt werden als in biederen alten Firmen, macht die Sache nicht besser. Ja, und dann kommen die altehrwürdigen Konzerne daher, deren Chefs plötzlich ein hierarchiefreies Du zelebrieren, sich die Krawatten vom Leibe reißen und Sneakers anziehen, dann in ihrem frisch eingerichteten Kreativzimmer ein Selfie posten und sagen: Startup, c´est moi! Lüge, Lüge, Lüge!
Ok, das waren jetzt eine ganze Menge Headlines, fast ein bißchen Lügenpresse 😉 Lass uns mal mit dem ersten Vorwurf anfangen: Ich dachte immer, Investoren und Business Angels sind so abgezockt und versiert im Gründergrillen, dass da kein Möchtegern-Exit-Experte Kohle bekommt, dessen Businessidee mit zugehörigem Plan sich nicht sinnvoll anhört?
Jochen Kalka: Das habe ich auch gedacht. Als ich im Silicon Valley mal einen Investor gesprochen habe, nach welchen Kriterien er seine Investments selektieren würde, sagte er ziemlich wörtlich: Mir ist die Geschäftsidee völlig schnuppe. Ich schaue den Gründern nur in die Augen. Wenn die strahlen, investiere ich. Ach ja, erwähnte ich schon, dass nur elf Prozent der Investoren weiblich sind?
Gegenfrage: Gibt’s den Investor noch? Leidenschaft und Begeisterung sind ja unentbehrlich für Gründer, aber leider kein Garant für Erfolg. Und kommst Du nicht ein bißchen früh mit der Gender-Keule? Woran machst Du denn fest, dass Frauen in Startups „noch mieser behandelt werden als in biederen alten Firmen“?
Jochen Kalka: Mit der Gender-Keule kann man nie zu früh kommen. Und, klar gibt es den Investor noch. So wie es auch tolle Startups und sensationell kreative Gründerinnen und Gründer gibt. Zurück zu den Frauen. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass es in Startups auch ein Gender Pay Gap gibt. Europaweit liegt es bei 16 Prozent, in Deutschland bei 22 und in Berlin gar bei 25 Prozent. Auch dass Alltagssexismus in Startups noch dramatischer ausgeprägt ist, als etwa bei der Bundeswehr. Jede dritte Frau erfährt in Startups unerwünschte Berührungen, um nur ein Beispiel zu nennen.
Liegt das an den langen Arbeitszeiten, den vielen Kickertischen oder an den etwa 85 Prozent Männern, die Startups gründen? Dann würde ich aber gerne wieder zu Deiner Kernthese zurückkommen 😉
Jochen Kalka: In Startups herrscht zuweilen eine Stimmung wie auf einem Abenteuerspielplatz. Das kann durchaus positiv sein, doch manche interpretieren das als grenzenlose Narrenfreiheit und verlieren dabei den Respekt eines Gegenüber. Ok, dann lass uns wieder zu den Lügen kommen, darin bin ich inzwischen Profi ;-).

Das hinterfrage ich an dieser Stelle mal lieber nicht. Aber ganz ernsthaft: Ist es nicht völlig normal, dass in der Gründungsphase von Unternehmen härter geklotzt werden muss als später? Oder meinst Du, dass Firmen ein Startup-Flair bewusst kultivieren, um die damit verbundene Mehrarbeit oder schlechtere Entlohnung ansprechender zu verpacken? Und weit über 90 Prozent der Startups scheitern. Man arbeitet doch nicht dort, weil man gerne scheitert?
Jochen Kalka: Dass härter geklotzt wird, ist völlig in Ordnung. Solange man nicht bewusst im großen Stil lügt, wie etwa das Startup Theranos, das mit einem Wunderstift Bluttests versprach und 9 Milliarden Dollar verbrannte. Andere Firmen kultivieren, wie du sagst, Startup-Flair bewusst, um mehr junge Menschen anlocken zu können. Zum einen ist das sicher keine dumme Employer-Branding-Maßnahme, zum anderen muss ein Siemens-Startup weniger Lohn zahlen, als es Siemens selbst täte. Kicker und Palettenmöbel sparen am Ende Knete. Und, ja, das Scheitern. Solange man mit einer Idee in einem Konzern scheitert, so what. Aber wenn man als Gründerin oder Gründer scheitert, eigenes Geld verliert, ausgebrannt ist, keine Kreditkarte und keinen Handyvertrag mehr bekommt, weil einen die Schufa nicht mehr mag, dann leidet die Psyche, die eigene Beziehung, dann ist das ein persönliches Drama. Ich habe solch ein Beispiel aus Berlin gefunden. Von wegen: Wir feiern das Scheitern in Fuckup-Nights.
Apropos Fuckup: Heißt das, Startups sind auch nur Unternehmen? Und was, wenn junge Menschen die „Lüge“ durchschauen und Startups nicht mehr cool finden? Rettest Du dann als Ü50er den Wirtschaftsstandort? Oder können wir uns darauf einigen, dass Pauschalurteile generell eher schwierig sind, aber Bücher mit provokantem Titel sich besser verkaufen?
Jochen Kalka: Startups sind definitiv auch nur Unternehmen. Im Prinzip gründete doch auch Werner Siemens ein Startup. Oder Carl Benz. Oder der Bäcker an der Ecke. Und jetzt merkst Du schon einen entscheidenden Unterschied der persönlich überzeugten Gründer im Gegensatz zu Startup-Pinocchios: Siemens, Benz und auch dein Bäcker stehen mit ihrem eigenen Namen hinter ihrer Geschäftsidee. Nenne mir ein Startup, wo das auch der Fall ist. Und so wird die Lüge auch von jungen Menschen mehr und mehr durchschaut. Dazu gibt es ein geniales Buch von der Französin Mathilde Ramadier, die von ihrer persönlichen Ausbeutungstour in diversen Berliner Startups berichtet.
Vielleicht tragen ja Startups dazu bei, dass auch in anderen Unternehmen moderner gedacht wird. Dass Frauen endlich gleichberechtigt sind, in jeder Hinsicht, dass Berufsanfänger nicht mehr ausgebeutet werden, dass Raum für neue Ideen entstehen darf, dass auch mal in schräge Innovationen investiert wird. Dann retten Startups jeden Wirtschaftsstandort. Aber leider gibt es in der Herde der Startups noch zu viele schwarze Schafe. Pauschal darf hier definitiv nicht verurteilt werden, da hast du recht. Am liebsten würde ich kein einziges Buch verkaufen, wenn es diesen Missbrauch von der Startup-Idee nicht geben würde.
Danke Dir, Jochen, für unser Mail-Ping-Pong. Jetzt bin ich allerdings ratlos, was ich Dir wünschen soll. Das Buch jedenfalls gibt es im Buchhandel (erschienen im Econ-Verlag) oder bei einem großen, in Seattle beheimateten Online-Kaufhaus. Für Leser dieses Beitrags, die einen Kommentar mit einer vernünftigen Mailadresse unter diesem Artikel hinterlassen, hat uns der Autor freundlicherweise drei Gratisexemplare spendiert. Wir verlosen sie unter allen Teilnehmenden.     

Wie sieht der Journalismus von morgen aus? Was müssen Journalisten heute schon können? Und wie werden sie sich künftig finanzieren? Es passiert gerade ziemlich viel in der Medienwelt. Welche Richtung dies nimmt, weiß keiner so genau. Und trotzdem: Junge, talentierte Schreiber zieht es weiterhin in den Journalismus. Wir stellen sie  in unserer Reihe Junge Journalisten vor:  Redakteure, Reporter, Blogger und Publizisten unter 33, die sich mit der Online-Branche beschäftigen. Heute mit Nadine Wenzlick, die als freie Autorin mit den Schwerpunkten Kultur und Unterhaltung tätig ist.
Sie volontierte beim WOM Magazin, damals Deutschlands meistgelesenes Musikmagazin. Seit 2007 ist sie als freie Autorin tätig und schreibt u.a. für Musikmagazine wie Visions, verschiedene Tageszeitungen wie Die Welt und das Hamburger Abendblatt, für NTV.de und für Werben&Verkaufen.

Nadine Wenzlick
Nadine Wenzlick

1. Seit wann steht für Dich der Berufswunsch Journalist fest? Was gab den Ausschlag?
Ich hatte tatsächlich schon immer Spaß am Schreiben: Schon als Teenager habe ich selbst kopierte Schülerzeitungen verteilt. Da ich außerdem eine große Leidenschaft für Musik habe, fing ich nach der Schule ein Praktikum bei einer Musikzeitschrift an. Eigentlich sollte das nur eine kurze Auszeit vor dem Studium sein. Die Arbeit hat mir allerdings so viel Spaß gemacht, dass ich mit dem Schreiben seitdem nicht mehr aufgehört habe.
2. Ist Dein Arbeitsalltag wie Du ihn Dir vorgestellt hattest, oder gab es im positiven wie negativen Sinne Überraschungen?
Seit Anfang 2007 bin ich Freiberuflerin – einen klassischen „Arbeitsalltag“ habe ich nicht. Insofern ist jeder Tag eine Überraschung. Meine Aufträge sind wahnsinnig abwechslungsreich, vom Lenny-Kravitz-Interview über das Haribo-Unternehmensportrait bis zur die Reisereportage über die Malediven. Natürlich bringt die Selbstständigkeit auch Risiken mit sich. Ich habe über die Jahre etliche Publikationen verschwinden sehen und dadurch auch böse Überraschungen erlebt. Aber wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich meist eine neue. Plötzlich kommt über zig Ecken ein Auftrag, mit dem man nie gerechnet hätte. Davon abgesehen genieße ich die Freiheit, die meine selbstständige Tätigkeit mit sich bringt.
3. Was war Dein skurrilstes Erlebnis bisher in Deiner Berufslaufbahn?
Ich war im Urlaub in Neuseeland als ich plötzlich einen Anruf bekam: Die neuseeländische Dependance der Plattenfirma Universal brauchte jemanden, um der Band Rammstein bei einem Interview als Übersetzer zur Seite zu stehen. Ohne groß nachzudenken, sagte ich zu. Was ich nicht wusste: Das Interview war für eine australische TV-Show. Als es schließlich stattfand, musste ich auf der Interviewcouch neben Gitarrist Paul Landers Platz nehmen. So war ich also plötzlich im australischen Fernsehen. Meine 15 Minuten Ruhm…
4. Inwieweit nutzt Du das Social Web für Themen-Recherche und -Inspiration?
Soziale Netzwerke sind auf jeden Fall ein gutes Hilfsmittel, um auf ungewöhnliche und spannende Themen zu stoßen, deshalb lasse ich mich dort gerne inspirieren. Auch bei der Interview-Recherche sind sie für mich eine wichtige Quelle.
5. Blogger werfen (bewusst) viele der althergebrachten Regeln über den Haufen. Sie schreiben viel subjektiver, kommentierender. Wie wird das den klassischen Fachjournalismus Deiner Meinung nach verändern?
Blogs sind meiner Meinung nach eine tolle Ergänzung zu klassischem Journalismus. Aber auch klassischen Fachjournalismus muss es geben – weil die immer größer werdende Flut an Informationen und Nachrichten den Bedarf an objektiver Einordnung, Sortierung und Bewertung erhöht.
6. Ein Artikel über Dich: Welche Überschrift müsste der haben?
Mit „Nadine Wenzlick bringt neues Musikmagazin auf den Markt“ könnte ich ganz gut leben.
7. Was ist Dein Trick, um ruhig Blut vor dem Redaktionsschluss zu bewahren?
Da braucht es keinen Trick. Je näher der Redaktionsschluss rückt, desto schneller und effektiver arbeite ich. Bisher ist immer alles rechtzeitig fertig geworden.
8. Wie schaltest Du vom Job ab, oder denkst Du rund um die Uhr an die Headline von morgen?
Die Grenzen zwischen Privatleben und Job sind bei mir oft fließend und ich springe auch nach Feierabend oder im Urlaub sofort an, wenn ich irgendwo eine tolle Geschichte entdecke. Ich finde das aber nicht schlimm. Ich bin generell ein neugieriger Mensch, habe immer tausend Fragen im Kopf.
9. Wenn wir hier mal den besten Fachartikel küren würden: Welchen Deiner Berichte würdest Du einreichen? Und warum?
Zählt ein Artikel über die Full Metal Cruise als Fachartikel? Dann vielleicht der. Im Ernst: Die meisten meiner Artikel stammen aus dem Bereich Unterhaltung, viele davon sind Interviews. Aber wenn das jemand küren möchte, nur zu!
10. Kein Mensch ist perfekt. Welchen Ratschlag wolltest Du Deinem Chefredakteur immer schon mal geben?
Ich bin ja zum Glück mein eigener Chef…
11. Was machst Du in fünf Jahren?
Hoffentlich immer noch spannende Geschichten aufschreiben!
 

An Daten mangelt es nicht. An dem Wissen, sie richtig zu nutzen häufig schon. Genau aus diesem Grund trafen sich am 28. Januar 2016 Data-Experten und Marketing-Verantwortliche zum ersten W&V Data Marketing Day, um unter dem Motto „Verstehen. Anwenden. Profitieren.“ über die Herausforderung Big Data zu diskutieren.
Los gings mit Jochen Schlosser von Adform, der eloquent und kenntnisreich auch durch das gesamte Programm führte. Gleich zu Beginn versammelte er Experten von Nestlé, Siemens, Payback und .companion zu einer gemeinsamen Podiumsdiskussion. Dabei wurden vor allem eine Herausforderung besonders deutlich: Wie soll man als Unternehmen mit der extremen Datenflut umgehen? Daraus resultiert auch die Frage, was eigentlich alles gesammelt werden soll. „Die Kunst ist zu wissen, was man nicht braucht“, meint Nestlé-Manager Thomas Philipp bringt das viel gepriesene Smart Data ins Spiel. Auch hier gilt Qualität vor Quantität. Nur mit den richtigen Daten kann ein Unternehmen seine Zielgruppenansprache effizienter gestalten und gleichzeitig eine besseres Verständnis für Kundenbedürfnisse entwickeln.

W&V Data Marketing Day
Podiumsdiskussion mit (v.l.) Dr. Jochen Schlosser, Thomas Philipp, Michael Sternberg, Dr. Christian Bachem und André Pallinger (Quelle W&V)

Ein entscheidender Faktor bleibt jedoch auch im Zeitalter der Daten und Automation weiterhin bestehen: der Mensch, sprich: die Mitarbeiter eines Unternehmens. Gerade den Generationenkonflikt, der sich durch die Digitalisierung der Arbeitswelt auftut, ist eine zentrale Herausforderung. Laut André Pallinger von Payback gilt es, die ältere Generation zu schulen und das Team gleichzeitig mit „neuen Talenten“ aufzustocken. Daten richtig zu verstehen ist nämlich die oberste Voraussetzung, um daraus einen Storytelling-Ansatz kreieren zu können, so Michael Stenberg von der Siemens AG.

Facebook ist eine Goldgrube für Profilinformationen

Um eine relevante Story erzählen zu können, wird vor allem eines benötigt: kreative Impulse, die den Kunden begeistern. Wie es um das Zusammenspiel von Data und Kreation steht, wurde beim Schlagabtausch diskutiert. Zoja Paskaljevic, CEO des Dentsu Aegis-Networks, äußerte gleich zu Beginn eine steile These: Kein Unternehmen sei überhaupt in der Lage von Big Data zu sprechen, da schlicht weg niemand genügend eigene Daten zur Verfügung hat. Darum gilt es, einzelne Datenquellen zu verbinden. Facebook ist seiner Meinung nach eine Goldgrube, wenn es um relevante Kundeninformationen geht. Wie erfolgreich die Verbindung zwischen Data und Kreation bereits heute sein kann, verdeutlichte Thjnk-Gründer Michael Trautmann an den Beispielen von Nike und Dove. Während Dove die Tweets von Frauen auswertete, in denen die Unzufriedenheit mit dem eigenen Äußeren thematisiert wurde, nutzte Nike Daten aus der eigenen App, um personalisierte Animationsfilme zu produzieren.

W&V Data Marketing Day
Schlagabtausch mit (v.l.) Ralf Pfister, Dr. Michael Trautmann, Nils Hartje und Zoja Paskaljevic (Quelle W&V)

Das Nachmittagsprogramm des Data Marketing Day wurde von praxisbezogenen Themen bestimmt. Frédéric Cuny von Kienbaum Management Consultants referierte über die Relevanz von Big Data für das Recruiting und analysierte die Frage, ob Algorithmen die besseren Recruiter sind. Das Best Practice Beispiel der Commerzbank zeigte den Besuchern, wie Daten schon heute ein Unternehmen voran bringen kann. Durch ein intelligentes Datenmanagement und eine zentrale Analytik, schaffte es die Bank aus dem „Next Best Offer aus Bankensicht“ den „Next Relevant Content aus Kundensicht“ zu machen. Und das mit großem Erfolg. Bereits in den ersten vier Wochen nach Personalisierung ihrer Website brachte es der Commerzbank ein Plus von neun Prozent an Vertragsabschlüssen ein.
Prof. Dr. Gerhard Riegl von der Hochschule Augsburg zeigte einen weiteren Data-Megatrend auf dem Podium. Wie lässt sich über Emotionen das Verhalten der Verbraucher entschlüsseln? Casinos in Las Vegas sammeln und werten bereits seit Jahren die Emotionen der Spieler aus und reagieren darauf vorrausschauend, um die Spieler am Tisch zu halten. Derartige Mechanismen lassen sich auch auf die Online-Branche übertragen. In seiner Vision wird Nudging zukünftig das Marketing ablösen. Das Erschließen von Emotionen bezeichnet Prof. Riegl als die Raketenstufe der Digitalisierung. Autos seien dabei die Hotspots für das Messen von Gefühlen.
Mehr zur Podiumsdiskussion und zum Schlagabtausch bei W&V Data Marketing Day 2016 gibt es auf wuv.de

Wie sieht der Journalismus von morgen aus? Was müssen Journalisten heute schon können? Und wie werden sie sich künftig finanzieren? Es passiert gerade ziemlich viel in der Medienwelt und der Kurs ist noch nicht ganz ausgelotet. Neudeutsch heißt das: Der Journalismus durchläuft gerade eine disruptive Phase. Wie die verläuft, wissen wir auch nicht. Aber wer die Medien in Zukunft gestalten wird, das wissen wir schon jetzt. Deshalb stellen wir Euch/Ihnen in unserer Reihe „Junge Journalisten“ Redakteure, Reporter, Blogger und Publizisten unter 33 vor, die die Branche kennen und lesen sollte. Heute im Gespräch: Thuy Linh Nguyen, Redakteurin bei der W&V.
Linh W&V Foto
Seit wann steht für Dich der Berufswunsch Journalist fest? Was gab den Ausschlag?
Ich denke, als ich beim “Unikat”-Magazin anfing. Dort habe ich gleich als Vorstand an der neuen Ausgabe mitgearbeitet und saß gefühlt ein ganzes Semester dafür am Schreibtisch. Am Ende hat es sich aber wirklich gelohnt und ich habe mich gefreut wie ein Schnitzel. Da dachte ich mir, das könnte man ja wirklich zum Beruf machen.
Ist Dein Arbeitsalltag wie Du ihn Dir vorgestellt hattest, oder gab es im positiven wie negativen Sinne Überraschungen?
Zum Anfang meines Volontariats war ich sehr oft unterwegs. Mittlerweile hat es sich ziemlich reduziert und das vermisse ich. Dafür haben wir wirklich sehr humane Arbeitszeiten, vor allem ich als Lehrling.
Was war Dein skurrilstes Erlebnis bisher in Deiner Berufslaufbahn?
Wirklich lang bin ich ja noch keine Vollzeit-Journalistin. Aber da es fast unmöglich ist, meinen Nachnamen auf Anhieb richtig zu schreiben, habe ich bereits viele Stunden mit Buchstabieren zugebracht. Nordpol, Gustav, Ulrich, Y, Emil, Nordpol 🙂
Inwieweit nutzt Du das Social Web für Themen-Recherche und -Inspiration?
Eigentlich bin ich während meiner Arbeitszeit permanent im Social Web unterwegs. Ich folge auf Xing und Facebook vielen relevanten Seiten, die mir am Tag mindestens eine Artikelidee liefern.
Blogger werfen (bewusst) viele der althergebrachten Regeln über den Haufen. Sie schreiben viel subjektiver, kommentierender. Wie wird das den klassischen Fachjournalismus Deiner Meinung nach verändern?
Ich denke jedes Medium sollte selbst entscheiden, inwieweit es die Regeln einhält oder bricht. Man sollte aber eine klare Linie fahren. Mittlerweile haben ja auch genug Fachjournalisten selbst einen Blog, das will schon was heißen.
Ein Artikel über Dich: Welche Überschrift müsste der haben?
Würde sicher jeder bestätigen, der mich schon live erlebt hat: “Klein” 😀
Was ist Dein Trick, um ruhig Blut vor dem Redaktionsschluss zu bewahren?
Bei uns in der Online-Redaktion ist ja eigentlich alle paar Stunden Redaktionsschluss. Daran habe ich mich mittlerweile gewöhnt. Wenn ich aber mal eine größere Geschichte für das W&V-Magazin mache, dann versuche ich den Artikel einfach so früh wie möglich fertig zu bekommen. Da bleibe dann auch mal etwas länger. Ich arbeite nämlich am besten abends, wenn ich allein im Büro bin.
Wie schaltest Du vom Job ab, oder denkst Du rund um die Uhr an die Headline von morgen?
Während der Woche muss ich mich wirklich oft dazu zwingen, nach der Arbeit abzuschalten. Aber wozu gibt es ein Wochenende. Bei mir ist meistens ab Freitagabend bis zum Anfang der kommenden Woche Pause. Manchmal erwische ich mich aber trotzdem dabei, wie ich Sonntagabend schon mit der Themensuche für den nächsten Tag beginne…
Wenn wir hier mal den besten Fachartikel küren würden: Welchen Deiner Berichte würdest Du einreichen? Und warum?
Das ist echt nicht leicht. Ich schreibe jede Woche so viele Artikel, dass ich langsam selbst den Überblick verliere. Fürs Magazin habe ich mal ein Stück über Erklärvideos geschrieben. Es hat mich überrascht, wie simpel komplizierte Sachverhalte doch sein können.
Kein Mensch ist perfekt. Welchen Ratschlag wolltest Du Deinem Chefredakteur immer schon mal geben?
Im Gespräch sind wir beide immer ehrlich und direkt zueinander. Dafür bleibt es aber auch unter uns. 🙂
Was machst Du in fünf Jahren?
Hoffentlich bin ich dann eine gestandene Journalistin, die in ihren Artikeln eine klare Meinung vertritt. Momentan fällt mir das noch ziemlich schwer.
Nach ihrem Studium der Soziologie arbeitete Thuy Linh Nguyen in der Online-Redaktion von Regiondo. Es folgten Stationen als Pressereferentin bei UNICEF Deutschland und als Redakteurin bei Unikat Medien. Seit 2014 ist sie Volontärin bei W&V.

Wie sieht der Journalismus von morgen aus? Was müssen Journalisten heute schon können? Und wie werden sie sich künftig finanzieren? Es passiert gerade ziemlich viel in der Medienwelt und der Kurs ist noch nicht ganz ausgelotet. Neudeutsch heißt das: Der Journalismus durchläuft gerade eine disruptive Phase. Wie die verläuft, wissen wir auch nicht. Aber wer die Medien in Zukunft gestalten wird, das wissen wir schon jetzt. Deshalb stellen wir Euch/Ihnen in unserer Reihe „Junge Journalisten“ Redakteure, Reporter, Blogger und Publizisten unter 33 vor, die die Branche kennen und lesen sollte. Heute im Gespräch: Gabriella Bassu, Redakteurin bei der W&V.
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Seit wann steht für Dich der Berufswunsch Journalist fest? Was gab den Ausschlag?
Eigentlich wollte ich schon als Kind zur Zeitung. Später, nach dem Abitur, habe ich mich für ein geisteswissenschaftliches Studium (Kulturgeschichte) entschieden. Ich dachte, so kann ich über Praktika herausfinden, ob der Beruf auch zu mir passt. Den Weg habe ich weiterverfolgt und sowohl während meines Bachelorstudiums, als auch danach im Masterstudium (Internationale Beziehungen) als Praktikantin und freie Mitarbeiterin für Print- und Online-Medien gearbeitet. Einen ausschlaggebenden Moment gab es nicht – mich hat das Thema Schreiben eher konstant durch Leben und Studium begleitet.
Ist Dein Arbeitsalltag wie Du ihn Dir vorgestellt hattest, oder gab es im positiven wie negativen Sinne Überraschungen?
Ich glaube, ich hatte keine festgeschriebene Vorstellung, wie mein Berufsalltag konkret aussehen würde. Das geht wahrscheinlich vielen jungen Berufsanfängern so. Wahrscheinlich bin ich in den Beruf hineingewachsen, ohne ständig Vorstellung und Realität gegeneinander abzugleichen.
Inwieweit nutzt Du das Social Web für Themen-Recherche und -Inspiration?
Über Twitter informiere ich mich tagesaktuell zu Nachrichten aus Wirtschaft und Politik, Facebook und Instagram sehe ich als wichtige Inspirationsquelle für Themen, die die Menschen in meiner Umgebung bewegen.
Blogger werfen (bewusst) viele der althergebrachten Regeln über den Haufen. Sie schreiben viel subjektiver, kommentierender. Wie wird das den klassischen Fachjournalismus Deiner Meinung nach verändern?
Die Medienlandschaft als solche befindet sich in einem Veränderungsprozess. Das ist spannend für alle Beteiligten. Ich selbst sehe Blogs als Möglichkeit, mich für meine Arbeit inspirieren zu lassen – eigentlich in ähnlicher Form, wie das auch auf andere Medien zutrifft.
Was ist Dein Trick, um ruhig Blut vor dem Redaktionsschluss zu bewahren?
Eine gute Planung und Selbstorganisation helfen, den Stress zu minimieren. Ansonsten nützt es auch, kurz über etwas ganz anderes nachzudenken oder mit einem Kollegen zu reden. Das gibt im Kopf Raum für Neues. Auch wenn es manchmal schwerfällt: Eine kurze Ablenkung bringt mich am besten zur eigentlichen Sache zurück.
Wie schaltest Du vom Job ab, oder denkst Du rund um die Uhr an die Headline von morgen?
Sport, Natur, Familie und Freunde geben mir Kraft und Ideen für Neues.
Wenn wir hier mal den besten Fachartikel küren würden: Welchen Deiner Berichte würdest Du einreichen? Und warum?
Das können wahrscheinlich die Leser besser beurteilen. Ich kann eher sagen, was mir Spaß macht: Das sind Features und Reportagen. Am meisten mag ich es, wenn ich durch meine Arbeit Fragen beantworten kann, die für mich oder Menschen aus meiner Umgebung bis dahin unbeantwortet geblieben sind.
 
Über Gabriella Bassu
Nach dem Abitur studierte Gabriella Bassu Europäische Kulturgeschichte an der Universität Augsburg und der Universidad de Valencia. Danach absolvierte sie ihr Masterstudium der Internationalen Beziehungen an der Andrássy Universität Budapest. Bereits während des Studiums schrieb sie für zahlreiche Magazine und Portale als freie Mitarbeiterin (u.a. für die Budapester Zeitung, Zeitjung, Blogs und für das studentische NGO Young Citizens Danube Network). Seit 2013 ist sie Volontärin bei W&V.

Wie sieht der Journalismus von morgen aus? Was müssen Journalisten heute schon können? Und wie werden sie sich künftig finanzieren? Als Verlagsangestellte oder Self-Publisher, als Social Editor, Blogger oder Investigativreporter? Es passiert gerade ziemlich viel in der Medienwelt und der Kurs ist noch nicht ganz ausgelotet. Neudeutsch heißt das: Der Journalismus durchläuft gerade eine disruptive Phase. Wie die verläuft, wissen wir auch nicht. Aber wer die Medien in Zukunft gestalten wird, das wissen wir aber schon jetzt. Deshalb stellen wir Euch/Ihnen in unserer Reihe „Junge Journalisten“ Redakteure, Reporter, Blogger und Publizisten unter 33 vor, die die Branche kennen und lesen sollte. Heute im Gespräch: Brigitte Bauer, Redakteurin bei Werben&Verkaufen und Kontakter.
Seit wann steht für Dich der Berufswunsch Journalist fest? Was gab den Ausschlag?

Brigitte Bauer
Brigitte Bauer

Jetzt muss ich leider ein Klischee bedienen – aber es hat sich wirklich so zugetragen. Als Kind hat mich ein rasender Reporter in meiner kleinen Heimatstadt in der Oberpfalz inspiriert. Ich fand seine Arbeit total spannend. Als Teenager lieferte ich dann für die „Amberger Nachrichten“ ein paar Texte ab. Ungefähr zur selben Zeit erstellten wir in der Schule eine Projektarbeit. Da ging es darum, Texte einzusprechen und im Ton-Studio beim örtlichen Radio-Sender Aufnahmen zu machen. Die Ton-Experten dort waren angetan von meiner Stimme und ich war angetan vom Studio. Da war für mich klar – Vertonen und mit dem Mikro flirten, DAS will ich machen.
Zwei Jahre später stand ich schon wieder im Tonstudio. Diesmal mit meiner Band. Somit war nach dem Abi klar, welchen Studiengang ich einschlage. Schon während des Studiums vertonte ich für den Radiosender Charivari Projekte und arbeitete viel mit Ton- und Filmschnitt. Später kam das Praktikum bei Antenne Bayern und das Volontariat beim Deutschen Anleger Fernsehen. Dort arbeitete ich über drei Jahre als rasende Reporterin vor der Kamera. Danach kam ein kurzer Cut: Ich ging nach München und war in einer Werbeagentur tätig. Aber Corporate Publishing, Anzeigen texten und Tonbänder besprechen, war mir zu wenig. Somit schließt sich der Kreis, warum ich jetzt als Print-Journalistin für die W&V über die Agentur-Branche berichte. Insgesamt bin ich schon seit sechs Jahren als Journalistin tätig. Und ich liebe es.
Ist Dein Arbeitsalltag wie Du ihn Dir vorgestellt hattest, oder gab es im positiven wie negativen Sinne Überraschungen?
Dadurch, dass ich viele Praktika vor und während des Studiums absolviert habe, hatte ich bereits einen Eindruck, wie es im Bereich Radio, TV und Print abläuft. Jede Sparte hat ihre faszinierenden Seiten, aber eines ist Fakt: leicht ist der Job auf gar keinen Fall. Beim Kontakter, dem Schwestertitel der W&V, müssen wir jede Woche aufs Neue spannende News aus der Werbe- und Marketingbranche auftreiben. Das ist nicht immer leicht. Mir macht es aber wahnsinnig Spaß, viel mit Leuten aus der Branche zu telefonieren und mich breit zu vernetzen. Doch wenn man nicht kommunikativ und sehr neugierig ist – das gilt für Radio und TV genauso – dann ist man für den Job einfach nicht geeignet. Jeder, der sich dafür entscheidet, sollte für seinen Beruf brennen. Und: man darf nicht so naiv sein und annehmen, dass in diesem Berufsfeld das große Geld winkt. Eher füllt einen der Job aus und macht einen glücklich – das ist bei mir der Fall. Ich stehe morgens gerne auf und freue mich darauf, was der neue Tag bringt. Das ist für mich ein Geschenk.
Was war Dein skurrilstes Erlebnis bisher in Deiner Berufslaufbahn?
Ich würde nicht unbedingt das Wort skurril wählen. Seltsam ist die Medien- und die Agentur-Branche, über die ich berichte, sehr oft. Generell wird man als Journalist nicht immer nett behandelt. Vor allem, wenn man – wie ich im Kontakter – Sachverhalte aufdeckt. Aber ein Erlebnis ist im Kopf geblieben: Beim Fernsehen lautete mein Auftrag, EU-Kommissar Günther Oettinger zu interviewen. Auf einem Kongress habe ich ihn vor die Kamera bekommen und mit ihm gesprochen. Als er offenbar keine Zeit mehr hatte, lief er plötzlich aus dem Bild und ließ mich stehen. Aber ich bin cool geblieben 😉
Inwieweit nutzt Du das Social Web für Themen-Recherche und -Inspiration?
Ich nutze das Social Web immer. Facebook, Twitter, LinkedIn, Xing, Foren und Blogs – da erfährt man so einiges. Meine Aufgabe ist es, Geschichten zu finden. In Kommentaren auf Facebook oder unter Blog-Einträgen finden sich oft spannende Hinweise.
Blogger werfen (bewusst) viele der althergebrachten Regeln über den Haufen. Sie schreiben viel subjektiver, kommentierender. Wie wird das den klassischen Fachjournalismus Deiner Meinung nach verändern?
Ich würde sagen, dass es den Fachjournalismus weniger verändert, sondern vielmehr bereichert. Der News-Charakter wird in den speziellen Fach-Titeln auch in Zukunft beibehalten. Ich fände es merkwürdig, wenn Magazine ihren Duktus ändern würden. Die Leserschaft schätzt ja gerade den Fachjargon. Außerdem muss Fachjournalismus überhaupt nicht langweilig sein. In der W&V schreiben wir tolle Magazin-Geschichten, die alles andere als tröge sind und die sehr viel Meinung enthalten. Aber Blogger sind für Hintergrundgespräche und Trend-Artikel enorm wichtig. Denn sie sind am Puls der Zeit und können schnell auf bestimmte Themen und Strömungen reagieren. Ich schreibe selbst in einem Blog hin und wieder über Themen, die mich interessieren. Ich mag sowohl die kommentierende Schreibe, als auch den Newscharakter, den ich im Kontakter vertrete.
Ein Artikel über Dich: Welche Überschrift müsste der haben?
Powerfrau und Weltenbummlerin setzt sich neue Ziele
Was ist Dein Trick, um ruhig Blut vor dem Redaktionsschluss zu bewahren?
Ach, ein wenig Adrenalin im Blut macht die Texte noch spritziger. Wer kurz vor Abgabe völlig ruhig ist, hat meiner Meinung nach nicht den richtigen Spirit. Oft ergeben sich erst kurz vor Redaktionsschluss die spannenden Wendungen, interessanten Gespräche und wichtigen Zitate. Es kommt oft vor, dass sich völlig unerwartet beim letzten Telefonat eine neue Story auftut, die noch mit ins Heft muss. Ich liebe die Action in der Produktion.
Wie schaltest Du vom Job ab, oder denkst Du rund um die Uhr an die Headline von morgen?
Abschalten fällt mir ehrlich gesagt schwer. Aber ich werde ja auch rund um die Uhr im Alltag mit Werbung konfrontiert. Auf dem Weg zur S-Bahn, Bannerwerbung beim Online-Shopping, über Screens beim Sport oder beim Fußballspiel im TV. Eigentlich tippe ich ständig Infos in mein Handy, wenn mir neue City-Light-Plakate auffallen oder ich eine Werbung besonders interessant finde. Auf Facebook schaue ich auch, was die Branche treibt. Aber wenn ich richtig abschalten will, mache ich das auf meinen Reisen. Mit Rucksack und Zelt in der abgeschiedenen Wildnis unterwegs zu sein und an die eigenen Grenzen zu stoßen. Dort draußen hat man kein Internet, keine Werbung, sondern nur Berge, Wälder, Flüsse. Auf einem Gipfel denke ich nicht mehr an den Job, da ist mein Kopf völlig frei – und dann tanke ich auf.
Wenn wir hier mal den besten Fachartikel küren würden: Welchen Deiner Berichte würdest Du einreichen? Und warum?
Da wir jede Woche eine tolle Leistung bringen und jede Woche stolz auf unsere Arbeit sein können, würde ich jeden Artikel einreichen. Ich hatte allerdings einmal ein sehr spannendes Interview mit Gerhard Weber, damals noch der CEO von Gerry Weber. Mir gegenüber hatte er die Umsatz-Prognose noch einmal angehoben. Das war natürlich eine Exklusiv-Meldung, die bei uns damals rauf und runter lief. Da war ich schon stolz.
Kein Mensch ist perfekt. Welchen Ratschlag wolltest Du Deinem Chefredakteur immer schon mal geben?
Da Jochen Kalka wirklich ein toller Chefredakteur ist, kann ich hier gar nicht auf den Putz hauen. Eher kann ich an dieser Stelle einfach mal Danke sagen dafür, dass er uns so motiviert und immer das Gefühl gibt, einen guten Job zu machen. Ich glaube, solche Chefs sind selten. Einen Wunsch habe ich allerdings: Jochen, ich würde unglaublich gerne mal mit dir Schuhe shoppen gehen! (wir stehen nämlich beide auf ausgefallenes Schuhwerk)
Was machst Du in fünf Jahren?
Wenn ich in fünf Jahren nicht mehr bei der W&V sein sollte, was ich nicht hoffe, dann bin ich vielleicht eine bekannte Reise-Beauty-Bloggerin und schreibe meine Artikel von überall auf der Welt. Immer mit den Füßen im feinen Sand oder auf irgendeinem Berggipfel. Es gibt noch so viel auf der Welt zu erkunden.
Über Brigitte Bauer:
Brigitte Bauer (Jahrgang 1984) studierte Germanistik an der Universität Regensburg. Nach ihrem Magister-Abschluss 2009 sammelte sie als Reporterin vor der Kamera journalistische Erfahrung beim Deutschen Anleger Fernsehen. Anschließend war sie als Beraterin und Texterin für die Werbeagentur Heller & Partner in München tätig. Seit November 2013 schreibt sie als festes Redaktionsmitglied für das Advertising-Ressort von W&V und Kontakter.
Brigitte Bauer auf Xing, LinkedIn

Vor vier Jahren haben wir zum ersten Mal ein rudimentäres Ranking der Marketing/Medien-Fachmedien für Twitter veröffentlicht. Mittlerweile, einige zusätzliche Netzwerke und Plattformen später, ist das alljährliche Digitalranking der Kommunikations-Fachmedien ein fester Bestandteil dieses Blogs.
Aber ein Bestandteil, der uns in den vergangenen Tagen ein wenig den Schweiß auf die Stirn getrieben hat. Welche Angebote nehmen wir neu dazu? etailment und Clap (siehe unten auch t3n)! Welche Plattformen werten wir zusätzlich aus? Google+ und YouTube! Und bleiben wir bei unserem Punktesystem für quantitative Zahlen, wohl wissend, dass dies qualitativ wenig aussagen muss? Ja, aber wir haben diesmal die Kanäle etwas genauer in Augenschein genommen. Und obwohl wir ein Ranking aufbereitet haben, geht es uns weniger um Zahlenklauberei bei einzelnen Medien, sondern mehr um generelle Entwicklungen im Markt. Aber ganz von vorne!
Ranking Aug 2013
w&v vor meedia, IWB und Horizont
An der Spitze der Punkteliste hat sich gegenüber dem Ranking 2012 wenig verändert. w&v bleibt vorne, gefolgt von einem knapp beieinander liegenden Trio aus Meedia, Internet World Business und Horizont. Die IWB hat Boden gut gemacht, der Aufsteiger der Jahres aber heißt auf Rang 9 etailment, ein clever gestaltetes Newsletter-Angebot für Trends und Analysen im eCommerce. Paradoxon für die Top-Titel: Obwohl die Fan-, Follower- und View-Zahlen in den sozialen Netzwerken in den vergangenen zwölf Monaten zum Teil sehr deutlich gestiegen sind, hat sich das nicht erkennbar auf die Zugriffszahlen der Webseiten auswirkt. Bei den Visits liegen die Fachmedien meist minimal über oder unter dem Niveau des Vorjahres. Funktioniert Social Media nicht als Trafficlieferant? Bricht an anderer Stelle etwas weg, was durch Social ersetzt wird? Die Gründe kennt vielleicht das jeweilige Analytics-Tool.
Hier eine Zeitreihe der Visits aus der Meedia-Datenbank
Bei den fast ausschließlich newsorientierten Medien verzeichnet der Twitter-Account meist mehr Follower als Facebook-Fans, bei w&v, Horizont, der Internet World und der Absatzwirtschaft liegt Facebook vor Twitter. Die Facebook-Fanschar (+45,4 % im Schnitt- 8/12 bis 8/13) wächst schneller als die Zahl der Twitter-Follower (+28,5 %). Beide Kanäle werden überwiegend als Teaserkanal für Meldungen von der Webseite benutzt. Eigene Inhalte, die nur für die Social Kanäle erstellt werden, sind grundsätzlich eher die Ausnahme.
Das Digitalranking Komm.Fachmedien 2013 als PDF (mit hinterlegten Links)
Twitter statt oder parallel zum Newsletter
Der Weg zu aktueller Information im Fachbereich hat sich dramatisch gewandelt. Früher war der gedruckte wöchentliche Dienst (Kontakter, Kress, New Business & Co.) ein zentrales Newsmedium, heute ist es Twitter. Folgt man den „richtigen“ Multiplikatoren (und das müssen nicht zwangsweise Medien sein), ist der persönliche Newsstream das Nachrichtenmedium Nummer eins. Meist kommt der Newsletter der Medien viel später als der Tweet von Eingeweihten und Aufmerksamen. Weil die Medien hier aber Nachrichten bündeln, haben sich ihre Followerzahlen im vergangenen Jahr noch einmal deutlich erhöht. Im Schnitt liegen sie 28,5 Prozent höher als noch vor zwölf Monaten.

Twitter
account
Follower Aug 2013 Differenz absolut
zu Aug. 2012
Veränd. in %
DWDL 33666 12290 57,5
Meedia 38.036 12204 47,2
kress 39.342 12555 46,9
Horizont 17.326 4516 35,3
turi2 23.437 5145 28,1
Internet World 19.838 4175 26,7
marconomy 2759 492 21,7
One to One 2187 376 20,8
Acquisa 8458 1408 20,0
Absatzwirtschaft 638 106 19,9
adzine 2387 346 17,0
w&v 48.704 6646 15,8
ibusiness 2728 333 13,9
clap 7663 kVm. kVm.
new business 2756 kVm. kVm.
etailment.de 1810 kVm. kVm.
LEAD digital* läuft über W&V
©cocodibu 2013

Die prozentual und absolut höchsten Zuwächse verbuchen schnelle Newsmedien wie DWDL, Meedia und kress. An der Followerspitze liegt w&v vor Meedia und kress.
Das Twitterranking als PDF

Die schönste Optik aller Facebook-Fanpages bietet der Kress mit einem Bild seines Gründers
Die schönste Optik aller Facebook-Fanpages bietet der Kress mit einem Bild seines Gründers

Facebook: 1,4 Kommentare pro Post
Während Twitter vor allem schnell ist, kann man auf Facebook darüber reden. Hier haben w&v, Horizont und die Internet World bisher die meisten Likes kassiert. Jeweils deutlich mehr als die (kostenpflichtigen) Printauflagen der Titel. Prozentual haben sich auf Facebook im vergangenen Jahr Lead Digital, iBusiness und die Absatzwirtschaft am meisten gesteigert, wenn auch auf deutlich niedrigerem absolutem Niveau. Alle Fachmedien zusammen haben 45 Prozent mehr Likes als noch vor einem Jahr.
Likes sind eine Sache (die man sich ja auch leicht kaufen kann, was wir aber niemandem der Beteiligten unterstellen wollen), die Interaktion eine andere. Deshalb haben wir uns die jeweils aktuellsten zehn Facebook-Posts aller Fachmedien mal angesehen und die durchschnittliche Interaktionsquote errechnet. Fazit: Meedia führt mit 26 Likes pro Post vor Kress (23) und w&v (13). Der durchschnittliche Post aller Medien kommt auf 6 Likes. Naturgemäß darunter liegen die Werte bei den Kommentaren. Da erhält der Durchschnittspost aller Kommunikations-Fachmedien 1,4 Kommentare. Hier führt Horizont (3,6) vor Meedia (3,4), w&v (2,5) und DWDL (2,3). Und das angesichts der Tatsache, dass wir uns in der eher selbstverliebten, durchaus eitlen und eigentlich immer geschwätzigen Kommunikationsbranche befinden. Spricht es gegen die Medien oder gegen Facebook als Plattform, dass die Interaktionsquoten im 0,0x-Prozentbereich liegen?

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Stand Aug. 2013
Differenz abs. zu August 2012 Veränd. in %
LEAD digital 5122 2698 111,3
ibusiness 2519 1099 77,4
Absatzwirtschaft 4481 1791 66,6
kress 13.534 4495 49,7
DWDL 16600 5322 47,2
One to One 1030 290 39,2
marconomy 2088 576 38,1
Internet World 23.494 6475 38,0
Horizont 35.236 8661 32,6
Acquisa 347 82 30,9
w&v 51.409 11836 29,9
Meedia 17.303 3632 26,6
turi2 2.783 560 25,2
adzine 1737 322 22,8
etailment.de 1075 kvm. kVm.

Das Facebook-Ranking als PDF
Google+ läuft bei vielen nur nebenher
Wie gehen die Kommunikations-Fachmedien mit Google+ um? Glauben Sie an das soziale Netzwerk als Ergänzung oder Alternative zu Facebook? Die aktuelle Erhebung bringt für Google+ eher ernüchternde Ergebnisse: Während viele Facebook-Seiten aktuell gepflegt werden und gelegentlich auch eigenständige Dialoge enthalten, wird Google+ eher lieblos als Teaserkanal für Meldungen von der eigenen Webseite genutzt. Sinnigerweise passiert bei zwei Seiten mit vielen Plus-Bewertungen (Horizont und Internet World Business) gar nichts. Der letzte Post von Horizont stammt beispielsweise von Ende 2011 und Lead Digital hat noch nicht einmal einen Post abgesetzt. Einzig der Newcomer etailment bespielt Facebook und Google+ gleichwertig und verzeichnet auch ähnliche Likes bzw. Plus-Zahlen.

etailment nutzt konsequent Google+ als eines der wenigen Fachmedien
etailment nutzt konsequent Google+ als eines der wenigen Fachmedien

YouTube: Baustelle Bewegtbild
Die ganze Branche spricht davon, wie wichtig Videoinhalte für das Web werden. Auch die Kommunikations-Fachmedien schreiben seitenweise darüber. Aber de facto sind YouTube & Co. derzeit die größte Baustelle für alle. Scheinbar sind die Kosten für spannende Bewegtbildinhalte nicht zu refinanzieren, denn selbst die großen Fachmedien unserer Branche verzichten weitgehend auf Eigenproduktionen. w&v und Horizont haben vor allem die neuesten Werbespots von Marken in ihrem YouTube-Kanal oder Berichte über eigene Veranstaltungen. Die Internet World Business setzt als einziges Medium hauptsächlich auf Interviews, die sie meist auf Veranstaltungen führt. Und wer es mit eigenständigen Formaten versuchte (z.B. turi2.tv und adzine.tv), gab nach wenigen Folgen auf. Ungewöhnlich, dass es in einer Branche, die so stark von bewegten Bildern lebt, kein tragfähiges Bewegtbildformat für die Branche entstanden ist. Zumal die Videowerbeerlöse laut OVK im vergangenen Jahr um 23 Prozent gewachsen sind. Tendenz, weiter steigend.
Auch auffallend: Während bei Zeitungen und Zeitschriften – positiv umschrieben – gerade eine Welle der Konsolidierung tobt, haben sich die allermeisten Kommunikations-Fachmedien über die Jahre hinweg halten können. Konsolidierungstendenzen sind zwar auszumachen, aber vorerst kein Fachmediensterben. Die Handelsblatt-Gruppe, zu der auch die Absatzwirtschaft gehört, hat jüngst meedia übernommen. Der Deutsche Fachverlag betreibt neben Horizont nun auch etailment und zum Einzugsbereich der Südwestdeutschen Medienholding zählen neben w&v, Kontakter und Lead Digital (w&v-Verlag) auch die Internet World Business (Neue Mediengesellschaft Ulm). Der Kress wanderte schon 2008 zu Haymarket Media (u.a. PR Report). Gleichzeitig schaffen es von Großverlagen unabhängige Seiten wie DWDL, adzine und turi2 in Nischen vorne mitzuspielen. Blogger und Berater füllen mit quailitativ guten Seiten noch kleinere Nischen aus. Obwohl der B2B-Werbekuchen für Kommunikationsfachmedien geschrumpft ist, gibt es  – zumindest vorübergehend – mehr Angebot.
Christian Faltin, Monja Strotbek (Daten)
P.S.: Diese Ranking sagt nichts (aber auch gar nichts) über die Umsatzsituation der einzelnen Fachmedien aus.
P.P.S.: Ein Nachtrag zum Ranking. Bisher nicht erfasst hatten wir die Kollegen von t3n, da sich das Magazin und seine Webangebote stark mit der Schnittstelle zwischen Kommunikation und Technologie beschäftigen. Im nächsten Ranking, das für Dezember 2013 geplant ist, werden wir den Titel aber komplett ausweisen, da er sich auch – was die Zahlen betrifft – in der Spitzengruppe einsortiert. In der beigefügten Übersicht sind alle Einzelwerte nachträglich aufgeführt. Mit den aktuellen Vergleichswerten, die allerdings später erhoben wurden, löst t3n w&v als Spitzenreiter sogar ab. Allerdings sind die Zahlen von t3n NICHT in die Durchschnittswerte aller Fachmedien nachträglich eingeflossen. Das holen wir in der nächsten Erhebung nach. Versprochen!
 Nachtrag Ranking t3n 2013 – 13.8.2013
Zur Erhebungsmethode: 
Ergänzt haben wir unsere Auswertung (im Vergleich zum August 2012) dieses Mal um die Publikationen Clap und etailment (und nachträglich um t3n) sowie um die Plattformen Google+ und YouTube. Die Erhebungsmethode blieb gleich: Für alle Kategorien gibt es Punkte für die Position im Ranking (die Zahl der Punkte variiert, je nachdem wie viele Titel jeweils mit Daten gelistet sind) und für e-Paper und Apps gibt es jeweils einen Sonderpunkt.

 
 

Teil 4 unseres Fünf-Jahres-Rückblicks:

Ich fang mal am Anfang an: Christian kenne ich schon lange. Unsere Wege kreuzten sich das erste Mal im Herbst 1993. Ich war Hamburg-Korrespondent der Werben & Verkaufen, er Redakteur im Ressort Medien – und später dann Ressortleiter. Das auf den ersten Blick Auffälligste an ihm waren damals zweifellos seine quietschbunten Hemden und sein – ich hoffe, ich erinnere mich richtig – Schnauzer. Ein bisschen auf Magnum also. Dafür hatte er eine recht lockere selbst-ironische Ader. Das gefiel mir. Bei der Wahl seiner Zweiräder fand ich ihn hingegen nie ganz stilsicher. Damals fuhr er Motorroller, heute BMW C1. Ich finde, das entwickelt sich in die falsche Richtung.
Davon abgesehen lief die Zusammenarbeit aber ziemlich reibungslos. Obwohl ich den Job nur ein Jahr machte, bekam ich ein recht nettes Zeugnis ausgestellt. Anschließend wechselte ich zu Gruner + Jahr in eine Entwicklungsredaktion, die gerade die Fernsehzeitschrift TV Today in der Mache hatte.

Entgegen dem Rat aller Personaler und Reputations-Manager hier eines meiner ersten Zeugnisse im Job – ausgestellt von einem Christian Faltin

Im Sommer 1998 klingelte mich ein gewisser Dr. Andreas Knaut an und fragte, ob ich Lust hätte, den Branchendienst Kontakter in München mit ihm neu aufzubauen. Ich hatte. Später erfuhr ich, dass Christian mich für den Job empfohlen hatte. Nette Geste. Er selbst etablierte zu der Zeit im selben Verlag gerade die Fachzeitschrift Media & Marketing. So nahm die Geschichte ihren Lauf.
Meinen Einstieg bei cocodibu baldowerten wir im Wesentlichen an mehreren Abenden bei einem Vorstadt-Italiener namens Tre Scalini im Frühjahr 2009 aus. Es war offenkundig, dass Christian in den Jahren eine wohl dosierte Vermarkter-Qualität entwickelt hatte. Er machte mir klar, dass cocodibu viel, viel mehr als nur eine PR-Agentur sei. Nahezu alle bahnbrechenden Neuerungen des Social Webs würden, so mein Eindruck, in der Kidlerstraße ausgeheckt. Damals führte er beispielsweise die erste grafische Twitter-Anzeige an, die die Agentur entwickelt hätte – ich glaube für die IWB. Mal ehrlich: So etwas lässt keinen kalt, gleichwohl ich die Bedeutung für die gesamte Kommunikationsbranche bis heute noch nicht 100-prozentig einschätzen vermag. Naja, wie’s mit solchen Sachen immer so ist: letztlich eine Bauchentscheidung. Ich sagte ohne größeres Zögern zu – trotz einiger Warnungen übrigens („Junge, das mit der PR ist doch nichts für Dich“).
Die erste Herausforderung in der Praxis war eigentlich die: In der Kidlerstraße saßen wir recht startup-mäßig dicht auf dicht. Ausgerechnet mir gegenüber: Sonja Zajontz. Sonja hatte ich erst einige Jahre zuvor für den Kontakter als Volontärin eingestellt. Sie hat sich dann recht schnell auf die Flucht gemacht und ist zu cocodibu rüber. Tja, und jetzt saß ich da also wieder. Nicht dass da jetzt ein falscher Eindruck entsteht: Über Sonja kann man auch nach längerem Nachdenken wirklich nichts Negatives sagen. Außer ihrem Musikgeschmack vielleicht. Wenn Sonja auflegt, verwandelt sie jeden Sommertag in Allerheiligen. Die Sonne verdunkelt sich, Nebel zieht auf, und die Vögel fallen tot vom Himmel. Das ist noch nicht einmal übertrieben. Ich bin mir sicher, dass 80 Prozent des Weltschmerzes in Sonjas Musiksammlung ihre Heimat haben. Wenn man die in Gorleben sicher endlagern könnte, hätte man sich einer ganzen Menge Probleme entledigt. Silke, ebenfalls damals PR-Beraterin bei cocodibu, war mir da schon lieber. Ihr Bruder hörte immerhin Hardrock. Bei Sarah musste ich allerdings immer an Scooter („Hyper, hyper“) denken. Ich weiß: Wahrscheinlich tue ich ihr damit unrecht.
Um die Gunst der Vielzahl an PR-Beraterinnen bei cocodibu zu erlangen, war mir seinerzeit kein Trick zu schäbig. Üblicherweise lud ich sie nach Büroschluss gegen 16 Uhr in die Eckkneipe „Zum 18er“ auf ein oder zwei Sundowner ein. Silke ist danach meist zum Sport weiter. Ich denke, diese ehrgeizige Ader hat sie behalten.
Aus Datenschutzgründen unkenntlich gemacht: Die PR-Beraterinnen Silke B. und Sonja Z. im 18er.

Das hat geholfen: Mit einem solchen Lächeln wurde ich morgens (fast) immer begrüßt.
Sonja hatte eigentlich immer gute Laune. Bis auf Montagvormittag. Aber das ist eine andere Geschichte.

Die Wiesn ist vorbei, die Räusche und der anschließende Kater hoffentlich auch. Wie schaut es bei einem ähnlich globalen Highligth, dem Thema "Social Media", aus? Sind wir noch mitten im Hype? Die Zahl der Kongresse und Workshops lässt es vermuten. Und wann kommt der Kater? Jetzt versucht ein Buch aus dem mir bisher nicht bekannten (Asche über mein Haupt) Business Village Verlag schonungslos den "Social Media Rausch" zu entzaubern.

Das Adjektiv "schonungslos" hätte die beiden Autoren, die w&v-Redakteure Frank Zimmer und Helmut van Rinsum, selbst sicher nie verwendet. Denn eine Abrechnung mit dem Social Web wollten Sie auf gar keinen Fall verfassen. Und das haben sie auch nicht.  

 

Der Social Media Rausch

 

 

Bevor wir in die Details einsteigen, mein Fazit vorweg: Ein absolut lesenswertes Buch für Marketing- und Kommunikationsentscheider, die sich noch überlegen, was sie mit dem Thema eigentlich anfangen wollen. Denen könnte es viel Geld und etliche negative Erfarungen sparen. Unterhaltsam geschrieben und gut recherchiert. Den Insidern sind viele Beispiel bekannt (sicher auch aus der w&v), dennoch konnte ich mir den ein oder anderen Schmunzler nicht verkneifen. Beispielsweise bei der Annemarie-Krise (ein lokales Lehrstück über eine Metzerei-Fachverkäuferin) oder der Passage, wo die eigenen Kinder im pubertären Alter als Paradebeispiel für Digital Natives und ihr Mediennutzungsverhalten zitiert werden. Habe ich auch schon angebracht und bekenne mich schuldig im Sine der Anklage.

Ansonsten hat mich meine Frau bei der Lektüre des Buches (während des langen Wochenendes) oft nicken sehen: Ja, Social Media ist kein Allheilmittel für Marketing und Kommunikation. Ja, auch für Social Media gilt das klassische EinmalEins des individuellen Dialogs. Und ja, trotz des gegenwärtigen Hypes sollte man sich als Unternehmen und Marke langfristig mit dem Thema beschäftigen. Garniert wird die erfrischend pragmatische Sicht auf das Thema um jede Menge Fallbeispiele und Anekdoten aus der Praxis '(Pril, Serviceplan, Teldafax, Nestlé, Tchibo, Grohe, Die Bahn, Immoscout24, Konstantin Neven Du Mont uvm.). Sie belegen allesamt, dass nicht der "Kanal" Social Media über Erfolg und Misserfolg entscheidet, sondern die Idee dahinter und eine kanalgerechte Durchführung. Da ohne eine gute Social Media-Organisation und -Struktur aber auch die schönste Idee nicht fliegt, braucht es zusätzliche Ressourcen..Wie Unternehmen zwischen Heißluftdüsen, Social Media Gurus und Dienstleistern, die alles können, den für Sie richtigen finden, erzählen die Autoren auch: Nämlich, klassisch Social, über die persönliche Empfehlung. Mein Lieblingszitat: "Der klassische Social Media-Mitläufer versteht nicht immer alles, kann es aber jederzeit erklären." 

Das tun die Autoren freundlicherweise nicht. Aber selbst die Menschen, die auf fünf Tipps, zehn Thesen und Checklisten stehen, lassen sie am Ende des Buches nicht alleine. Eine Anleitung für den erfolgreichen Aufbau von Social Media-Beziehungen wird der geneigte Leser vergeblich suchen, den gibt es nur gegen eigenes Hirnschmalz.

Schön, dass ein Verlag auch Bücher publiziert, die einfach nicht den fünften Leitfaden für den erfolgreichen Einstieg in Irgendwas versprechen, ohne Guru-Getue auskommen und in Zeiten hochkreativer Wortschöpfungen verbal die Metzgerei im Dorf lassen. Dafür ein "Gefällt mir plus".

Christian Faltin

Veröffentlichung nach § 1 der deutschen Authentizitätsregel: 
Der Verlag hat uns dieses Rezensionsexemplar übrigens gratis zur Verfügung gestellt. Meine  persönliches Meinung ist kostenlos, aber hoffentlich nicht umsonst.

Gerade einmal zehn Tage alt und schon auf dem Olymp der kostenlosen iPad-Apps der Kategorie „News“. Was nach so kurzer Zeit unter anderem CNN und USA Today auf dem US-Markt hinter sich lässt, müssen wir anschauen. Hier kommt die vierte Folge des cocodibu iPad App-Tests:

junction, die englischsprachige App aus dem Hause Werben & Verkaufen für Businesstrends, Technology und Lifestyle wurde eigens für das iPad konzipiert – und das merkt man. Zusätzliche Infos in Pop-Up-Fenstern, interaktive Artikel und vielseitige Bedienungsmöglichkeiten lassen Printmagazine schnell langweilig erscheinen. Während der langen Downloaddauer einer Ausgabe kann man sich die Bedienungsanleitung der App durchlesen. Für iPad-Nutzer dürfte das aber kein Problem sein: Durch horizontales Wischen bewegt man sich zwischen den Artikeln, durch vertikales innerhalb der Berichte. Beim Durchblättern der ersten Ausgabe fallen einem sofort das schlichte Design, die guten Bilder und das gewählte Layout auf. Da kann man den ein oder anderen technischen Hänger gut verzeihen.

Junction

Innovativ, praktisch und (für Businessleute) unentbehrlich wird die App aber vor allem durch ihre zusätzlichen Features. Auf der Startseite finden sich neben der aktuellen Ausgabe (mit allen Artikeln) auch vier Spalten: News, Tweets, Blogs und Jobs. Hier ist man immer up-to-date, was seine abonnierten Twitterer, Blogger, News- und Jobseiten angeht. Doch auch innerhalb der Artikel kann man selbst aktiv werden: einzelne Seiten mit einem Lesezeichen versehen, Textstellen highlighten, Artikel Stichwörtern zuordnen – alles möglich. Durch einen Doppelklick auf den Bildschirm öffnet sich der Navigationskreis mit allen wichtigen Funktionen. Gespeichert wird alles unter „myjunction“, mit oder ohne Tags. Will man ein Whitepaper wiederfinden, durchkämmt die Suchfunktion alle gespeicherten Ausgaben, Artikel und Texte.

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Vor allem die Möglichkeit, die App für sich zu personalisieren und das kostenfreie Angebot sind die Gründe, warum wir diesmal einen Download empfehlen.

(Sabrina Maier)